Die 4 Grundsäulen von Worldbuilding – Orte


In meinem letzten Artikel („Die 4 wichtigsten Elemente für den Einstieg“) habe ich dir die vier Grundsäulen von Worldbuilding aufgezeigt – Orte, Regeln, Figuren, und Geschichte. Heute möchte ich ein bisschen tiefer in die Materie eindringen und genauer auf die Orte eingehen, die man in einer Welt braucht. Damit du nicht nur weißt, dass die Umgebung ein wichtiger Aspekt im Welten gestalten sind, sondern auch warum und wie du an ihnen arbeiten kannst.

Hier eine kleine Übersicht was dieser Artikel alles so behandelt:

Warum sind Orte so wichtig?
Was gehört denn nun alles zu Orten?
Wie viele braucht man eigentlich?
Wo fängt man an?
Wie geht’s weiter?


Worldbuilding Orte - Weltkarte

Warum sind Orte so wichtig?

Orte bilden das Grundgerüst im Worldbuilding. Ohne sie gibt es keine Welt, die du in deiner Geschichte beschreiben kannst. Deine Charaktere haben dann zwar Aufgaben und Ziele, aber kein Umfeld, in dem sie diese erfüllen können. Deine Handlung braucht zwingenderweise eine Umgebung, in der sie ausgeführt werden kann, sonst kannst du fast genauso gut deinem Leser eine Zusammenfassung der Geschichte geben und es damit gutheißen.

Im Worldbuilding machen Orte alles was in deiner Welt geschieht lebendig. Alles ist ortsgebunden und durch die Umgebung deiner Erzählung bekommt diese all ihre Feinheiten zugewiesen. Durch Ortsbeschreibungen allein kannst du in der Regel ein Genre ausmachen, oder würde etwa eine schwebende Stadt der Ausgangspunkt eines Krimis sein? Möglich, aber unwahrscheinlich.

Orte stellen außerdem eine gewisse Bedeutung eines Geschehnisses dar. Wird jemand in einem Palast ermordet, bringt das direkt eine andere, intensivere Haltung, als wenn das gleiche in einem kleinen Dorf passieren würde. Wenn du einfach nur schreiben würdest: „Killian wurde getötet.“ hat das kaum Wirkungskraft. Das soll nicht heißen, dass kleinere Orte weniger wichtig sind, das ist alles selbstverständlich von deiner Geschichte, den Hintergründen deiner Charaktere, und wie du damit umgehst, abhängig.

Apropos Charaktere. Orte und Charaktere gehen immer Hand in Hand. Menschen lieben es sich an Orte zu binden – an die Heimat, an Urlaubsorte, an Fantasieorte – fiktionale Menschen bilden hierbei keine Ausnahme. Wie sich deine Figuren mit Orten identifizieren (oder auch nicht identifizieren) sagt viel über ihre Persönlichkeit, sogar über ihre Vergangenheit aus.

Zuletzt aber geben Orte deiner Welt eine Immersion und regen die Vorstellungskraft vom Leser an. Ich begegne sowas immer wieder. Ich lese eine Geschichte und der Schreibstil, die Handlung, und die Charaktere gefallen mir gut, aber oftmals fehlen Marker, wo das ganze passiert. Häufig erfahre ich nach mehreren Kapiteln erst, dass das Ganze in einer Metropole stattfindet, während ich mir alles vorher in einer Kleinstadt vorgestellt habe. Es ist schwer Charakteren durch etwas zu folgen, wenn man keine Ahnung hat, wie es aussieht und sich nur alle paar Kapitel etwas zusammenreimen kann.



Was gehört denn nun alles zu Orten?

Kurz gesagt: alles was du sehen oder dir vorstellen kannst.

Etwas länger gefasst: Ich sitze gerade im Moment in einem Zimmer in meiner Wohnung, welche in einer Stadt ist, die wiederrum in einem Land ist, das auf einem Kontinent liegt, welcher irgendwo auf unserem Planeten ist. Ein Ort in einem Ort in einem Ort in einem Ort auf einem Ort auf einem Ort. Wenn ich jetzt noch einen Film ansehen würde, würde noch ein Ort hinzukommen – die fiktionale Welt, in welcher der Film spielt. Das sind ganz schön viele Orte.

Zu viele Orte, um eine gescheite Übersicht zu behalten, wenn wir mal ehrlich sind. Im Geschichtenerzählen und Worldbuilding können wir die Übersicht an Umfeldern glücklicherweise etwas vereinfachen und einschränken.

Zu Orten im Worldbuilding gehören also:

  • Alles was deine Charaktere auf ihrer Reise sehen

Das können Städte seine, oder Straßen, Denkmäler oder Sehenswürdigkeiten, und noch viel mehr.

Das Ganze lässt sich einfach vorstellen: Du bist auf dem Weg zum Supermarkt, was siehst du alles und wo gehst du lang. Genau das ist hier gemeint, denn in dem Moment bist du ja im Prinzip auch ein Charakter auf einer Reise.

  • Alles was irgendwie mal erwähnt wird

Heißt also Lana redet in deiner Geschichte mit dem Ladenbesitzer darüber, dass ihr Freund Killian in einem Dorf getötet wurde, das in der Erzählung visuell nie vorgekommen ist? Jup, das ist ein Ort, der nun existiert.

  • Alles wo Handlungen sich abspielen

Das ist wohl einer der offensichtlicheren Punkte. Du hast eine Aufgabe, die an einem bestimmten Ort abgeschlossen werden muss. Oder aber der Handlungspunkt ist dort geschehen, ohne dass deine Charaktere oder Leser je davon erfahren werden, wo genau das war. Das wäre dann trotzdem ein Ort, wenn auch nur für dich.

  • Metaphysische Orte

Hierunter fallen Träume, Gedankenpaläste, und virtuelle Realitäten, nur um ein paar zu nennen. Also Orte, die eigentlich gar nicht existieren, oder zumindest keine physische Bindung zur „realen Welt“ haben. Trotzdem sind sie da und zählen als Orte, sobald du sie in deiner Erzählung nutzt.

  • Überorte und Unterorte

Wenn Lana in einem laden ein Schwert kauft gibt es auch ein Umfeld, wo sie dies tut. Eine Stadt zum Beispiel. Du musst jetzt nicht die Stadt im Detail beschreiben, aber zumindest solltest du sagen, dass sie sich in einer Stadt – vielleicht ja sogar der Hauptstadt deiner Welt – befindet. Dann kannst du das Ganze noch erweitern, indem du den Bezirk hinzufügtest. So könnte der Laden in den östlichen Teilen der Stadt liegen wo hauptsächlich Bettler leben.


Worldbuilding Orte - Hafen

Wie viele braucht man eigentlich?

Wie ich schon im vorigen Artikel erwähnt habe, muss die Anzahl deiner Orte der Größe deiner Welt und der Anzahl deiner Handlungspunkte entsprechen. Eine Geschichte, die in einer einzelnen Stadt stattfindet, braucht nicht so viele Orte, Überorte, und Unterorte, wie eine die über verschiedene Planeten führt. Macht Sinn, oder?

Die Devise weniger ist mehr greift demnach auch hier anfänglich. Man will nicht großen Aufwand betreiben und etwas tiefführend entwickeln, nur um es später über den Haufen zu werfen – oder schlimmer noch: festzustellen, dass man den Ort doch nicht braucht.

Du solltest dir außerdem eine solide Struktur aufstellen, wenn du noch keine Liste mit Orten hast, an welcher du nicht groß rumrüttelst. Heißt also: Orte, die auf keinen Fall geändert werden, weil sie unabdingbar für die Geschichte sind – ob sich später kleine Details noch ändern ist hierbei recht egal.

Und apropos Details (wie ich immer gerne wieder dran erinnere). Bastle an Details und baue diese nur ein, wenn sie dir spontan beim Worldbuilding einfallen. Worldbuilding ist sehr aufnahmebereit was Veränderung und Detailsuche im Schreibverlauf angeht, es gibt also keinen Grund irgendwas wo reinzuzwängen. Außer du willst was erzwingen, das kann ich dir wohl kaum verbieten.

Wie groß du deine Welt außerhalb der erzählten Geschichte und den dafür gebrauchten Orten ausbaust ist dir überlassen. Es kann sehr befriedigend sein, einige kleine Geheimnisse nur für sich zu haben oder sie später irgendwie als FunFacts deinen Lesern außerhalb der Geschichte mitzuteilen.


Worldbuilding Orte - antike Stadt

Wo fängt man an?

Zunächst finde einmal raus was genau du brauchst. Ich gehe grundsätzlich davon aus, dass wir uns in einer handlungsorientieren Welt befinden – das Vorgehen in einer freien Welt kann aus dem ganzen Rahmen hier einfach rausbrechen.

Was du brauchst steht immer in Abhängigkeit von deiner Handlung. Je nachdem wie ausgebaut und detailliert deine Handlungsgliederung ist, desto mehr oder weniger musst du in deiner Welt erschaffen.

Zunächst würde ich dir ans Herz legen eine Liste deiner Handlungspunkte zu erstellen (schriftlich oder im Kopf), wenn du noch keine hast. So kannst du dann einfach neben jeden Punkt schreiben, an welchem Ort dieser stattfinden soll. Sollte dein Inhaltspunkt mehrere Orte und Wege beinhalten, dann schreibst du entsprechend alle auf.

Anschließend ordnest du jedem Ort zu, wie wichtig er im Zusammenhang mit der Handlung ist, damit du deinen Aufwand beim Worldbuilding entsprechend verteilen kannst. Orte mit hohem Aufwand brauchen entsprechend mehr Liebe zum Detail. Hierunter würden Umgebungen fallen, die häufig in der Geschichte auftauchen, oder an denen wichtige Handlungen geschehen – Höhepunkte.

Und dann geht es entsprechend ans Entwickeln der Orte. Hierfür gibt es unterschiedliche Vorgehensmöglichkeiten beim Abarbeiten (die du dir alle mit Listen erleichtern kannst).

Chronologisch der Handlung entlang.
Der Größe des Ortes entsprechend.
Der Wichtigkeit des Ortes entsprechend.
Nach Lust und Laune.

Vielleicht hast du schon eine Idee, welche dieser Arbeitsweisen am besten zu dir passt, ansonsten probiere einfach mal nach und nach alle aus.

Wenn du deinen ersten Ort fürs Worldbuilding ausgewählt hast musst du erstmal gucken was du dort brauchst. Erstelle also ein generelles Layout von der Umgebung und den Gegenständen, die dort zu finden sind.

Stell dir das Ganze in etwa so vor, als würdest du in ein leeres Haus ziehen und alles neu einrichten müssen. Räume haben Funktionen, die sie erfüllen sollen; Das Wohnzimmer sollte bequem und zum Zeitvertreib gut sein, die Einrichtung sollten das also auch widerspiegeln.

Genauso wie du an das Einrichten deines eigenen zu Hauses rangehen würdest kannst du auch Orten Leben einhauchen.

Und das machst du dann der Reihe nach für jeden Punkt auf deiner Liste:

  1. Eine Grundlage für den Ort aufbauen
  2. Den Nutzen des Ortes klar herausfiltern
  3. Ihn entsprechend einrichten.

Das sind dann schon gar nicht mehr so viele Schritte

Ein kleiner Tipp übrigens: Alles woran du arbeitest in einem Notizbuch oder digital festzuhalten macht dir das Leben einfacher und du vergisst weder was du alles schon erreicht hast noch Ideen, die besonders interessant waren.



Wie geht’s weiter?

Im Prinzip kannst du, sobald du deine Orte alle hast, schon mit dem Geschichten erzählen loslegen.

Wenn du aber das Gefühl oder Bedürfnis hast dich noch mehr mit deiner Welt auseinanderzusetzen ist jetzt der ideale Zeitpunkt, um zu sehen, wie du deine Welt mit deiner Handlung verbinden kannst. Versuche mal zu schauen wie die beiden einander beeinflussen könnten. Vielleicht fällt dir so auch eine Idee für die Stelle in deiner Geschichte ein, an der du bis jetzt eine Blockade hattest. Oder aber dir fällt auf, dass der eine Teil in deiner Welt plötzlich doch keinen Sinn macht. Das gleiche kann auch plötzlich für Handlungspunkte der Fall sein.

Was du auf jeden Fall wissen solltest: manche Aspekte deiner Welt wirst du vermutlich nicht so mögen. Manchmal stehst du vor einer Verzweigung und musst die wählen, die du nicht so gerne magst, weil sie besser in deine Geschichte passt. Oftmals kann man sich dann unzufrieden fühlen. Lass mich dir hier versichern, dass das nicht der Fall ist, weil die Idee schlechter ist, oder dass die Qualität deiner Welt senkt – sondern daran liegt, dass wir uns in unserer Kreativität eingeschränkt fühlen. Frustrierend, aber früher oder später wirst du darüber hinwegkommen, immerhin ist ein konsistentes Weltbild ein Schlüsselpunkt für ein gutes Weltbild. Und falls du doch nicht drüber weg kommts. nun, dann versuch doch noch mal eine dritte Abzweigung zu finden – es ist nie zu spät deine Welt anzupassen, denn ganze wie die Reale, sollte auch deine fiktionale Welt immer im Wandel sein.

Orte im Vorhinein schon geplant zu haben und nicht erst beim Schreiben zu entwickeln, hilft dabei deinen Schreibfluss aufrecht zu erhalten und dich beim Schreiben eher darauf zu konzentrieren, wie du die Handlung und gewünschte Stimmung bestmöglich lieferst.

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