Heute möchte ich einmal über Lücken im Worldbuilding reden. Mit Lücken meine ich, dass ihr eure Welt nicht 100% verplant, sondern euch Hintertüren offen lasst.
Wenn ihr an einem Punkt in der Planung (oder auch in eurer Erzählung) angekommen seid, an dem ihr sagt: „Wow, jetzt bin ich fertig mit der Welt. Alles ist wasserdicht.“, dann tut es mir ein wenig im Herzen weh dir zu sagen, dass du ein wohl zu weit gegangen bist.
Denn wenn du die Mentalität hast, dass alles (zur Perfektion hin) abgeschlossen sein muss, dann versperrst du dir selbst den Weg für zukünftige Geschichten, die in deiner Welt spielen könnten.
Aber sei unbesorgt: es ist sowieso nicht möglich alles vollständig durchzuplanen – irgendwas vergisst man immer, egal wie sehr man sich anstrengt.
Und eben dieses (auch absichtlich) Vergessene hat sein gutes. Es gibt dir nämlich die Möglichkeit in der Zukunft ganz einfach neue Handlungen, Charaktere, Orte, und noch viel mehr zu erschaffen – ohne dass du in deiner bisherigen Planung irgendwas ändern musst.
Was sind Lücken und Hintertüren?
Ich benutze Lücken und Hintertüren zwar Synonym, aber eigentlich könnten die beiden nicht unterschiedlicher sein.
Lücken stellen verschiedene Sachen in deiner Welt dar, die Mangel aufweisen:
- Stellen, die du nicht vollständig ausgebaut hast,
- Worldbuilding Elemente, die du übersprungen hast,
- Oder Dinge, bei denen du noch nicht weißt, was du dort basteln sollst.
Solltest du zu viele Lücken haben, dann solltest du ein paar auffüllen. In der Regel würde ich behaupten, dass wenn deine Hauptwelt zu etwa 75% ausgefüllt ist, du gut dabei bist.
Hintertüren entstehen immer durch Absichten und werden (mal mehr mal weniger) aktiv geplant. Sie sind dazu da, um später Worldbuilding Elemente sinnvoll ergänzen, aushebeln, oder umgehen zu können. Um das zu schaffen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Mangelnde Spezifikation,
- Vage Beschreibungen,
- Und Sonderfälle.
Wie du vielleicht siehst, definieren sich sowohl Lücken als auch Hintertüren dadurch, dass etwas fehlt.
Nehmen wir mal das Dorf aus Lana’s Quest. Wenn ich sage, dass dort Farmer leben, aber nicht weiß und auch nicht darauf eingehe, was angebaut wird, dann ist das eine Lücke. Da diese Lücke aber nicht handlungs-, charakter-, oder entwicklungsrelevant ist, darf sie offen bleiben.
Wenn ich aber hingegen sage, dass dort eine Handvoll Häuser stehen, aber nicht die genaue Anzahl nenne, dann haben wir eine Hintertür. Ich könnte nämlich zu jedem Zeitpunkt ein zusätzliches Haus, mit einer Figur kreieren, die Einfluss auf einen Handlungspunkt nehmen kann.
Lücken und Orte
Lücken und Hintertüren haben jeweils ein Worldbuilding-Element, in dem sie sich besonders wohlfühlen. Und für die Lücken sind das geographische Räume.
Räume sind eine grundlegende Voraussetzung für Konflikte, wenn also Lücken in deiner Raumplanung sind, hast du später die Möglichkeit, dort neue Konflikte entstehen zu lassen.
Die Lücken können hierbei innerhalb deiner schon kreierten Welt liegen. Oder aber, du nimmst die leere außerhalb deiner Welt und erschaffst dort neue Orte. Nichts hält dich davon ab plötzlich ein zweites Land zu erschaffen (es sein denn du hast in deiner Geschichte erzählt, dass es nur eins gibt).
Hintertüren und Regeln
Was passt besser zusammen als Regeln und Hintertüren? Nicht viel würde ich behaupten. Von dem Zeitpunkt an, ab dem du Regeln für deine Welt erstellst, solltest du auch über Auswege und Ausnahmen für ebendiese nachdenken.
In deiner Welt kann jede Person nur eine Art Magie beherrschen? Aber was ist mit dem Sonderfall von vor 500 Jahren als ein Drachen-Menschen Mischling zwei anwenden konnte?
Die Regierung sagt, ein gewöhnlicher Bürger darf keine Schwerter oder ähnlichen Waffen besitzen? Ein Gewehr kann ja wohl kaum als ähnlich bezeichnet werden.
Hintertüren offenzulassen und diese auszunutzen, macht unglaublich viel Spaß. Vor allem wenn du sie als Mittel in deiner Geschichte benutzt, nachdem die Charaktere suchen müssen, um aus einer kniffligen Situation zu entkommen. Alternativ sind Hintertüren eine elegante Lösung für den berüchtigten „Plot Twist“, weil sie nicht einfach aus dem nichts kommen, aber nur aufmerksame Leser sie vorherahnen können.
Hintertüren sind also da, um sich in mögliche Handlungspunkte zu entwickeln.
Während Lücken im Worldbuilding da sind, um zukünftige Handlungspunkte einen Hintergrund zu geben.
Es kann kompliziert sein, die beiden auseinanderzuhalten, aber versuche mal Lücken und Hintertüren in deinen Geschichten oder in Büchern, die du liest zu finden.
Mit ein bisschen Erfahrung wirst du dann instinktiv wissen, wann es an der Zeit ist eine Hintertür in deiner Welt einzubauen, und wann du einen offenen Schlussstrich (aka eine Lücke) ziehen solltest.